Trauer – zulassen und richtig verarbeiten
13. Mai 2025 | WLZ 125 | Autorin: Stefanie Schadler
Mit Trauer richtig umzugehen und zu verarbeiten, ist wichtig, aber nicht immer leicht. Ein Grundstein wird dazu bereits im Kindesalter gelegt, Beratungsmöglichkeiten unterstützen im Jugend- und Erwachsenenalter.
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Kontaktmöglichkeit rund um die Uhr
Ein wichtiges Thema in der Beratungs- und nun auch Online-Beratung des Hilfswerks Niederösterreich ist die Trauerberatung. Durch die neue schriftliche Möglichkeit können sich die Ratsuchenden jederzeit und ortsunabhängig ihren Schmerz von der Seele schreiben. Innerhalb von 48 Stunden erhalten die Betroffenen werktags eine Antwort.
Hierbei ist es wichtig, individuell auf die Anfragen einzugehen. „Schreibt jemand eher verhalten, wird auch der Beratende zunächst eher zurückhaltend antworten. Schreibt jemand ausführlich, deutlich und detailreich, wird die Antwort ebenso erfolgen“, so Dr. Karin Skop-Grösslich, Psychotherapeutin und Leiterin des Angebotsbereichs Beratung und Psychotherapie.
Durch behutsame Antworten, das Angebot eines „sicheren Ortes“ und ein gemeinsames Erarbeiten von Ritualen kann die Trauerverarbeitung erleichtert werden. Dabei sind laut Skop-Grösslich auch Abschiedsrituale wichtig, die man gemeinsam mit dem Berater erarbeitet und bespricht. Oft gibt es bereits Rituale im Leben des Betroffenen, die ihm guttun. Diese können für den Verlust adaptiert werden. Beispiele dafür sind eine Flaschenpost, ein Stein mit dem Namen des Verstorbenen, den man im Garten vergräbt, aber auch der Besuch des Lieblingsortes des Verstorbenen. Wichtig ist dabei der richtige Zeitpunkt: Die innere Bereitschaft loszulassen muss da sein, ansonsten werden die Wunden von Neuem aufgerissen. Wann das bei den Betroffenen der Fall ist, ist immer sehr individuell. Solche Rituale sind neben der Trauer auch bei anderen Verlusterlebnissen wie Trennung oder Scheidung hilfreich, so Skop-Grösslich.
Trauer bei Kindern: Raum geben, nicht verdrängen
Wie Menschen Trauer verarbeiten, hängt oft mit den Bewältigungsstrategien zusammen, die bereits in der Kindheit erlernt wurden. „Grundsätzlich haben Kinder einen unbeschwerteren Zugang zu Trauer, Verlust und Tod, weil sie die Endgültigkeit und Unwiederbringlichkeit noch nicht im vollen Ausmaß begreifen können“, erklärt Skop-Grösslich. Umso wichtiger sei es, Verluste – etwa den Tod eines Haustieres – nicht zu übergehen oder kleinzureden. Kinder brauchen die Möglichkeit, sich zu verabschieden, und einen geschützten Raum, in dem sie ihre Trauer zulassen dürfen.
Auch Fragen der Kinder sollten offen beantwortet werden – ohne zu viel vorzugeben. Eine einfache Gegenfrage wie „Was glaubst du, wo dein Haustier jetzt ist?“ gibt dem Kind Raum für eigene Gedanken und Vorstellungen, ganz im Rahmen seiner kindlichen Erlebniswelt.
Ein offener Umgang mit dem Thema Verlust ist zentral. Gemeinsam zu weinen und Gefühle zuzulassen, hilft bei der Verarbeitung. Wird Trauer hingegen verdrängt, kann sie sich psychosomatisch äußern – etwa durch Kopf- oder Bauchschmerzen.
Für Begräbnisse empfiehlt Skop-Grösslich, jemanden mitzunehmen, der mit dem Kind die Zeremonie vorzeitig verlassen kann, falls es zu belastend wird. Starke Emotionen wie Weinen oder Schreien können für Kinder überwältigend und mitunter traumatisierend sein.
Eine bewährte Anlaufstelle ist der Verein Rainbows, wo Kinder und Jugendliche in altersgerechten Gruppen ihre Trauer, Ängste oder Wut ausdrücken können – etwa nach dem Tod eines Elternteils, bei Trennung oder Scheidung. „Gerade wenn ein Elternteil selbst tief in der Trauer steckt, ist es entlastend zu wissen, dass das Kind an einem Ort gut aufgehoben ist, an dem es lernen kann, mit dem Verlust umzugehen“, so Skop-Grösslich.
Vorurteile ausräumen
Trauer wird landläufig als sensibles und privates Thema gesehen – somit ist es nicht verwunderlich, dass es zahlreiche Vorurteile dazu gibt. Darunter jenes, dass man Trauernde nicht auf ihre Trauer ansprechen soll. Doch das Gegenteil ist der Fall: Trauernde sind oft froh, auf den Verlust angesprochen zu werden, und fühlen sich dadurch ernst genommen. Oft hemmt einen aber auch selbst die eigene Unsicherheit, Trauernde anzusprechen.
Ein weiteres Vorurteil betrifft das Sprichwort: „Die Zeit heilt alle Wunden“. Skop-Grösslich bestätigt, dass Trauer zwar Zeit und Platz brauche, doch gehe es vor allem darum, dass der Verlust verarbeitet werden muss.
Für die Arbeit als Trauerberater sind oft langwierige Ausbildungen erforderlich. Ein wichtiger Teil dabei ist, sich abgrenzen zu lernen. Nur so kann man helfen und unterstützen. „Zu emotional zu reagieren, macht einen selbst hilflos. Daher ist es wichtig, sich abzugrenzen, um hilfreich zu bleiben“, so Skop-Grösslich.
Auch bei den Beratenden können Rituale helfen, etwa den Arbeitstag mit einer Atemübung oder einem Spaziergang zu beenden. Skop-Grösslich betont in diesem Beruf die Wichtigkeit, die eigene Psychohygiene zu pflegen.