Hinter den Mauern eines Schlosses

17. September 2025 | WLZ 128 | Autorin: Stefanie Schadler

Das Schloss Aichberg in der Gemeinde Rohrbach an der Lafnitz wurde fünfmal zerstört, wiederaufgebaut und an die jeweilige Zeit angepasst. Kein Wunder, dass auch heute noch Entdeckungen freigelegt werden.

Mit seiner Fassade in Anthrazit ist Schloss Aichberg ein markantes und zugleich imposantes Bauwerk in Eichberg.

Fotos © Franz Klambauer

Familiengeschichte entdecken

Rund um das 12. Jahrhundert wurde Burg Aichberg zur Sicherung des Grenzlandes und des zumindest seit urdenklichen Zeiten befahrenen Weges von Lafnitz über Eichberg nach Vorau und Wenigzell errichtet. Konrad von Aichberg wird 1250 als Burgbesitzer genannt. Die Besitzer wechselten über die Zeit, ebenso das Aussehen der Anlage: Zwischen dem späten 16. und 18. Jahrhundert wurde die mittelalterliche Burg, bedingt durch Zerstörung und durch zahlreiche Zu- und Umbauten, zum Renaissanceschloss samt Arkadenhof. Von 1412 bis 1772 gehörte die Wehranlage der Familie Steinpeiß. Die Ururgroßmutter des heutigen Besitzers, Cajetan Gril, stammt von der Familie Steinpeiß ab. Aus Interesse an den Wurzeln seiner Vorfahren kam er zum Schloss Aichberg, wo er 1986 sein Vorkaufsrecht schlagend machte.

Vergessene Schönheit

Damals war das Schloss selbst in einem bedauernswerten Zustand, so Gril: Sein erster Blick fiel auf zwei große Scheunen, die vor dem Schloss angebaut waren, einen großen Holzhaufen, Autowracks und kaputte Mopeds. Im Inneren war die Situation nicht besser: Es hat hereingeregnet, eine Toilette ist durch die Decke gekracht, es gab kein fließendes Wasser, und ein riesiges Loch, das eine Granate in die Wand gerissen hatte, war nur notdürftig zugenagelt. Die Räume wurden zudem von Menschen bewohnt, die nach 1945 alles verloren hatten. „Der Keller und der Dachboden waren zugemüllt, das kann man sich nicht vorstellen“, erinnert sich Gril noch lebhaft. Warum er das Schloss gekauft hat? „Es hat mir gut gefallen, es hat zu mir gesprochen“, so Gril, der eine Kunstgalerie in Wien besaß.

Entdeckungen aus der Zeit

Er begann, Schloss Aichberg mit viel Engagement und auch Eigenleistung zu renovieren. Dafür richtete er sich dort ein kleines Zimmer ein, ließ das Dach reparieren, Wasser in das oberste Stockwerk leiten sowie eine Toilette installieren, sprich „das Leben im Schloss menschenwürdig gestalten“. Zudem sind mit der Zeit Bewohner des Schlosses ausgezogen, sodass immer mehr Räume für ihn zugänglich wurden.

Das Schloss wurde im Laufe der Geschichte fünfmal durch Kriegshandlungen zerstört und wiederaufgebaut und im Zuge dessen an die jeweilige Zeit adaptiert. So kam bei den Renovierungsarbeiten immer wieder Neues zum Vorschein: Es wurden Türen, die vermauert waren, oder ein spätgotisches Fenster, das nie restauriert wurde und seit 600 Jahren intakt ist, gefunden. „Das ist ein wahnsinnig schönes Fenster“, schwärmt der Besitzer. Manche Entdeckung lässt sich nicht mehr nachvollziehen, etwa die erst kürzlich – 40 Zentimeter unter einem Ziegelboden – gefundene weitere Bodenschicht.

Die Vergangenheit würdigen

Vieles ist aber auch bekannt, etwa der Bergfried, der auf dem Vischer-Stich 1680 noch erkennbar ist und verbaut wurde. 1740 wurde die Lorettokapelle errichtet und 1844 im neugotischen Stil umgebaut. 2002 wurde sie renoviert und dient seither als Aufbahrungsraum. Das 1715 errichtete dreigeschossige Vorschloss, über dem ein Glockentürmchen mit Uhr thronte, wurde im Zuge der Kampfhandlungen zwischen deutschen und sowjetischen Truppen im April 1945 zerstört. 1953 wurde das abgebrannte Vorschloss abgetragen.

Bei den Renovierungsarbeiten traf Cajetan Gril die Hauptentscheidungen mit dem Denkmalamt, unter anderem bei der Erneuerung der Fenster „Die Formen sind aber so plausibel, dass man eigentlich nichts anderes verbauen kann“, so Gril, der bei der Herstellung mitgearbeitet hat. „Ich bin gelernter Tischler und auch wenn ich zwei linke Hände habe, weiß ich den Wert von Handwerk und manuellem Tun zu schätzen.“ Bei der Fassade kamen bei der Freilegung Schichten in zartem Grün, Rosa, Weiß und Grau zum Vorschein. Gril entschied sich für Anthrazit, da es dem Schloss ein spezielles Aussehen gibt.

Unterkunft und Ausstellung

Das Schloss ist das Wohnhaus von Cajetan Gril und seiner Familie sowie Teil der Schlösserstraße und bietet mit zwei Zimmern eine Möglichkeit zur Übernachtung. Ausgestattet sind diese mit geschichtlich interessanten sowie beeindruckenden Möbelstücken.

Mit der Dauerausstellung „Ein Schloss und seine Bewohner“ wird die Geschichte der Region greifbar und anschaulich mit zahlreichen Ausstellungsstücken vermittelt. Interessant sind auch die zahlreichen Gemälde – darunter jenes des einstigen Besitzers des Schlosses, Graf Simon Wimpffen. Dieser ließ das Archiv zum Teil in einer Papiermühle vernichten. Der älteste enthaltene Faszikel stammte aus dem frühen 12. Jahrhundert! „Ein Archiv ist ein Teil der Identität. Das Vernichten ist ein sehr böser Umgang mit Geschichte. Es wurde die Geschichte aller Menschen aus der Region vernichtet“, so Gril verständnislos.