Warum Einsamkeit jeden trifft – und wie man ihr begegnet

13. November 2025 | WLZ 130 | Autorin: Stefanie Schadler

Was ist Einsamkeit und wie kann man diese überwinden? Gerade rund um den Advent tritt dieses Thema verstärkt ans Licht. Wir sprachen mit Mag. Andreas Prenner, MSc, der eine Praxis für Körper und Bewusstsein in Friedberg leitet. Er gibt Einblicke über die Entstehung von Einsamkeit und zeigt Möglichkeiten auf, ihr zu begegnen.

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Verbundenheit als Basis

Es gibt Phasen im Leben, da fühlt man sich einsam, auch wenn man sich in einer Menschenmenge befindet. In solchen Situationen verliert man den Kontakt zu sich selbst und fühlt sich innerlich abgekapselt. Egal, ob Jugendliche, Erwachsene oder Senioren – Einsamkeit kommt in jeder Lebensphase vor, hat aber unterschiedliche Ursachen.

Dabei ist Einsamkeit nicht dasselbe wie Alleinsein. Wer sich bewusst Zeit für sich nimmt und die Stille sucht, kann neue Kraft, Klarheit und innere Ruhe finden. Man verbindet sich bewusst mit sich selbst. Darum kann man unter vielen Menschen einsam und allein dennoch erfüllt sein.

Das Schlüsselwort ist die Verbundenheit. Diese kommt nicht automatisch durch Nähe, denn wenn man sich nicht gesehen oder verstanden fühlt, fühlt man sich auch umgeben von Menschen leer. Auch Schutzmechanismen halten viele Menschen davon ab, sich anderen Menschen zu öffnen. Erst wenn man offen, ehrlich und echt mit anderen umgeht, entsteht ein Gemeinschaftsgefühl. Dann besteht nicht nur ein Kontakt, sondern ein gegenseitiges Verständnis, Interesse und eine tiefe, positive Beziehung.

Alleinsein hilft

Einsamkeit hat im Heranwachsen unterschiedliche Ursachen: Jugendliche suchen noch ihren Platz in der Welt, Erwachsene erleben oft Trennungen oder Überforderung. Bei Senioren ist es meist der Verlust von Menschen, Aufgaben oder körperlicher Kraft. „Doch im Alter kann Einsamkeit auch in eine stille Form von Frieden übergehen – wenn Akzeptanz und Dankbarkeit Raum finden“, so Prenner. Denn dieses Gefühl sei letztlich kein Mangel, sondern ein innerer Ruf nach echter Nähe.

Um das Gefühl der Einsamkeit hinter sich zu lassen, hilft wiederum das bewusste Alleinsein: in sich hineinfühlen, bewusst atmen und sich selbst wieder spüren.

Auch sollte man selbst aktiv werden. Ein Lächeln im Supermarkt, ein Gespräch mit den Nachbarn, ein kurzer Besuch beim Fußballspiel im Ort – oft reicht ein Moment echter Begegnung. „Kleine Gesten öffnen große Türen“, so Prenner. Auch etwas Sinnvolles zu tun und anderen zu helfen schafft Verbindung. „Einsamkeit löst sich dort, wo Bewusstsein, Sinn und Begegnung zusammentreffen.“

Das Miteinander in Dörfern

Wichtige Impulse geben Gemeinden und Vereine, denn das seien „soziale Herzräume“ eines Ortes. Die Begegnungen sind spontan, ungekünstelt und menschlich. Feuerwehr, Pfarre, Musikverein, Sport- und Jugendgruppen: Sie alle verbinden Generationen, geben Halt und schaffen Zugehörigkeit. Hier entsteht nicht nur ein Gespräch, sondern ein Gefühl von Miteinander.

Auch kleine Initiativen wie gemeinsames Kochen, Spaziergruppen oder Nachbarschaftshilfen wirken Wunder. Sie vermitteln: Du bist nicht allein, du gehörst dazu. Prenner nennt diese „analogen Inseln“ als wichtigen Gegenpol zur digitalen Zeit. „Dort wächst das, was Einsamkeit heilt: echte Beziehungen.“

Gerade zu Weihnachten sei es wichtig, sich auf das Wesentliche zu besinnen: Begegnung, Aufmerksamkeit und Wärme. Abseits von perfekten Geschenken oder festlicher Inszenierung entstehe lediglich durch die Zeit miteinander echte Verbundenheit – durch Zuhören, gemeinsames Schweigen und ehrliche Nähe. Und genau das sei es, was zählt. „Vielleicht ist das größte Geschenk zu Weihnachten, einfach da zu sein – für sich selbst und für andere“, so Prenner.

Manchmal braucht es Hilfe

Einsamkeit sollte als ein Weckruf gesehen werden, sich selbst und anderen wieder näher zu kommen. Sie ist ein Ruf der Seele nach Verbindung. Diese entsteht im Gespräch, im Verein, in der Nachbarschaft oder einfach im stillen Dasein füreinander.

Im Leben kann es Momente geben, in denen die Einsamkeit über einen längeren Zeitraum anhält, die Gedanken kreisen und die Lebensfreude oder der Schlaf schwinden. Man weiß sich selbst nicht mehr zu helfen. Dann ist es wichtig, sich Unterstützung zu holen. Oft genügt ein vertrautes Gespräch, manchmal braucht es professionelle Begleitung – etwa durch Therapeuten, Ärzte, Lebensberater oder Körpertherapeuten. Auch Gruppen, Achtsamkeitsangebote oder kreative Wege können helfen, wieder Verbindung zu spüren. „Hilfe anzunehmen ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Selbstachtung“, so Prenner.

Nur wer mit sich im Einklang ist, kann offen in die Welt hinaustreten und wahre Verbindungen aufbauen.