Was wissen die sozialen Medien über mich?
12. November 2024 | WLZ 120 | Autorin: Stefanie Schadler
Das Internet sammelt laufend Daten über seine Nutzer, und vor allem soziale Medien ziehen aus dem Nutzerverhalten zahlreiche Schlüsse. Unter anderem geben Facebook-Likes vieles über die Nutzer preis.
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Daten sind kostbar
Gerne wird gesagt, dass Daten das Gold des 21. Jahrhundert seien. Und tatsächlich werden durch die starke Nutzung des Internets täglich Unmengen an Daten gesammelt und weiterverwertet. Das passiert oft, ohne dass sich die Menschen dessen bewusst sind. Daten werden beim Nutzen des Smartphones gesammelt, wir nutzen soziale Medien, kaufen online ein, schauen Filme, Serien und Dokumentationen über Netflix, Amazon Prime, DisneyPlus und ähnliche Anbieter, nutzen Smart Watches, stellen Suchmaschinenanfragen … Über all diese Aktivitäten werden Unmengen an Daten gesammelt. Unfassbar groß ist die Menge auf ein Jahr gesehen, in dem jeder Mensch acht Terabyte an Daten erzeugt. Das entspricht den Daten eines Films in höchster Auflösung mit einer Dauer von einer Woche.
4,57 Milliarden Menschen weltweit nutzen das Internet, was knapp 60 Prozent der Weltbevölkerung entspricht. Davon nutzen 3,2 Milliarden Menschen soziale Medien. Wer von dieser Datennutzung und -sammlung profitiert sind in erster Linie die größten Player am Markt: Google, Meta – dazu gehören Facebook, Instagram, WhatsApp und Threads –, Apple, Amazon und Microsoft. Was Daten mittlerweile wert sind, zeigt unter anderem der Kauf von WhatsApp durch den Facebook-Konzern im Jahr 2014 für 19 Milliarden Dollar. Für diesen hohen Preis war nicht die Technologie ausschlaggebend, denn diese hat es damals bereits in anderen Messenger-Diensten gegeben. Zudem bestand die Firma aus einem kleinen Team von 55 Mitarbeitern. Der Großteil wurde stattdessen für die Daten bezahlt, die WhatsApp gesammelt hatte: Bei der Nutzung des Dienstes muss man zustimmen, alle seine Kontakte, die am Handy gespeichert sind, an den Metakonzern weiterzugeben. Dadurch gibt man einerseits auch jene Telefonnummern von Menschen weiter, die den Dienst nicht nutzen. Andererseits wurden durch diesen Prozess – ohne das Einverständnis des Besitzers – zahlreiche Nummern mit Facebook-Konten verbunden. Diese Datenerfassungsmethode warf erhebliche Bedenken bezüglich des Datenschutzes auf.
Wie Daten verwertet werden
Soziale Medien sind generell eine wichtige Quelle zur Erfassung von Benutzerdaten. Plattformen nutzen Benutzerinteraktionen, geteilte Inhalte und Engagement-Metriken, um demografische und verhaltensbezogene Erkenntnisse zu gewinnen. Diese Daten werden zur Verbesserung von Diensten verwendet, bergen aber auch Risiken, wenn die Datensicherheit nicht ausreichend streng ausgelegt wird.
Weiters können die Plattformen, denen diese Daten gehören, personalisierte Inhalte und Werbung ausspielen, die für den Nutzer relevant sind. Sie können für Marketingzwecke und zur Steigerung von Verkäufen genutzt werden, etwa wenn ein Produkt nur für männliche Nutzer auf sozialen Medien beworben werden soll. Das Verhalten der Nutzer wird auf Plattformen analysiert, um deren Algorithmen zu optimieren und somit Inhalte auszuspielen, die für die Nutzer relevant sind, und diese dadurch länger auf der Plattform zu halten. Viele Unternehmen machen die gesammelten Daten auch zu Geld, indem sie sie an Dritte zum Beispiel für Werbezwecke oder Marktforschung verkaufen.
Auch Online-Gaming nutzt das Datensammeln und verwendet diese, um zum Beispiel Spiele zu entwickeln. Es wird aber auch mit Mechanismen gearbeitet, die in gewisser Weise suchtfördernd sind. So wird mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) das Spielverhalten analysiert und individuell an den Nutzer angepasst, damit dieser nicht über-, aber auch nicht unterfordert ist. Verliert ein Spieler zum Beispiel zehnmal hintereinander, greift der Computer ein und lässt den Nutzer gewinnen. Es wird ihm ein Erfolgserlebnis gegönnt und er ist wieder motiviert, weiterzuspielen.
Aufschlussreiche Facebook-Likes
In einem Experiment im Jahr 2010 wollte der Psychologe und Datenwissenschaftler Michal Kosinski herausfinden, inwieweit Daten von sozialen Medien, insbesondere Facebook-Likes, dazu genutzt werden können, um psychologische Profile von Personen zu erstellen. Sie untersuchten, ob es möglich sei, anhand der Vorlieben einer Person (z. B. welche Seiten, Posts oder Inhalte sie likt) auf deren Persönlichkeitsmerkmale, sexuelle Orientierung, politische Einstellungen, Intelligenz und viele weitere Faktoren zu schließen.
Bei der Durchführung nutzten die Forscher die „Likes“ der Facebook-Nutzer. Dazu nahmen über eine App Hunderttausende Menschen an der Studie teil und gaben freiwillig ihre Facebook-Likes sowie Informationen zu ihrer Persönlichkeit, ihren demografischen Merkmalen und ihren Vorlieben preis. Die Teilnehmer machten auch den Big-Five-Persönlichkeitstest. Das ist ein verbreitetes psychologisches Modell, das die Persönlichkeit anhand von fünf Dimensionen misst: Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit und Neurotizismus. Zur Datenanalyse wurden Algorithmen entwickelt, um Korrelationen zwischen den Facebook-Likes und den Persönlichkeitsmerkmalen zu finden. Mithilfe maschinellen Lernens konnten sie dann Vorhersagen über die Persönlichkeitsprofile der Teilnehmer machen.
Die Ergebnisse waren erstaunlich, denn die Algorithmen waren überraschend genau. Sie konnten beispielsweise mit hoher Genauigkeit die sexuelle Orientierung, politische Ansichten, Religiosität und das Geschlecht der Teilnehmer vorhersagen – nur anhand ihrer Likes. Auch die Persönlichkeitsmerkmale gemäß dem Big-Five-Modell konnten gut prophezeit werden. Mit genügend Likes konnte der Algorithmus die Persönlichkeit einer Person sogar besser einschätzen als deren Freunde oder Familienangehörige.
Das Experiment führte zu großen Diskussionen über den Datenschutz und darüber, wie leicht zugängliche Informationen (wie Likes auf sozialen Medien) für tiefgehende psychologische Analysen genutzt werden können. Es zeigte, wie mächtig Datenanalyse sein kann, aber auch, welche Risiken damit verbunden sind, wenn diese Daten missbraucht werden.
Die Forschung von Kosinski wurde später mit der umstrittenen Cambridge-Analytica-Affäre in Verbindung gebracht, da ähnliche Methoden dazu genutzt wurden, um Wählerprofile zu erstellen und gezielte politische Werbung zu schalten. Donald Trump nutzte die Datenanalyse-Dienstleistungen von Cambridge Analytica bei der Präsidentschaftswahl in den USA 2016, und auch bei der Brexit-Abstimmung kam sie zur Anwendung.
Tipps
• Stellen Sie auf WhatsApp diverse Einstellungen auf Privat. Unter Einstellungen – Datenschutz können Sie festlegen, wer Ihr Profilbild sieht, Sie können Ihren Status verbergen, festlegen, wer Sie zu Gruppen einladen kann und wer sieht, wann Sie zuletzt online waren … Alle öffentlich gestellten Informationen werden laut Nutzungsbedingungen an den Metakonzern weitergegeben, der diese Daten weiterverwendet.
• Deaktivieren Sie Standortdienste auf Facebook: Datenschutz-Einstellungen am Smartphone suchen – Standortdienste/Ortungsdienste: Hier können Sie einstellen, ob die Funktion „immer“, „bei Nutzung der Facebook-App“ oder „nie“ aktiv sein soll.
• Verbergen Sie Beiträge aus der Facebook-Chronik: Sie können zum Beispiel Beiträge, die Sie vor drei Jahren online gestellt haben, aus der Chronik entfernen, damit nicht alle Welt sie sieht. Klicken Sie dazu am oberen rechten Rand des Beitrags auf das Symbol mit den drei Punkten. Beim angezeigten Menü klicken Sie auf die Option „In der Chronik verbergen“.
Weitere Tipps für mehr Privatsphäre auf Facebook unter https://de.norton.com/blog/privacy/make-facebook-more-private