Wenn jeder Zentimeter zu Kunst wird …
13. November 2025 | WLZ 130 | Autorin: Stefanie Schadler
Die Kreativität seines Bewohners verleiht einem kleinen abgeschiedenen Häuschen in Friedberg seinen einzigartigen Charme. Man betritt eine Welt voller künstlerischer Entfaltung und Freiheit.
Künstler Anton Hell neben einem Teil seiner Kunstwerke.
Wenn Kreativität explodiert
Eine schmale Einfahrt, gesäumt von überwucherten Skulpturen, führt zu einem Haus, das man nicht einfach betritt – man taucht darin ein: in Farbe, Form und Fantasie. Die Fassade trägt Töpfe, Glas und Gitter wie Schmuckstücke, und im Inneren selbst erzählt die kleinste Ecke von einem Leben, das Kunst nicht nur schafft, sondern lebt.
Mittendrin steht Anton Hell, dessen Welt zwischen Kunst und Alltag keine klare Grenze kennt. In Oberösterreich auf einem Bauernhof aufgewachsen, führte ihn seine Arbeit zunächst nach Wien, ehe er sich vor 20 Jahren in Ehrenschachen niedergelassen hat. In einem kleinen Häuschen zwischen Feldern und Wäldern hat er einen Platz gefunden, an dem er seinem kreativen Schaffen frei und experimentell nachgehen kann. Bei seinen Skulpturen nutzt er Dinge, die andere nicht mehr brauchen. „Ich sammle, ohne etwas Bestimmtes zu suchen. Das regt meine Fantasie an und alles wird möglich“, so Hell, dem es sichtlich Spaß macht, sich in seinem Schaffensprozess selbst zu überraschen.
Zwischen Freiheit und Entscheidung
Der Schöpfer dieses Gesamtkunstwerks ist ein Mann, der bereits viele Lebenswege eingeschlagen hat – und in der Kunst seinen Mittelpunkt fand. Nach seiner Ausbildung an der Kunstschule Wien und im Sportbereich war er als Waldorfpädagoge und Werklehrer tätig, bevor er als Quereinsteiger als Sozialpädagoge in Pinggau tätig wurde. So verschlug es ihn schließlich nach Ehrenschachen, wo er im Sommer in seiner Werkstatt anzutreffen ist. Ohne direkte Nachbarn kann er nach Herzenslust schweißen, bohren und flexen und etwas Neues entstehen lassen. Mit seiner Kunst muss er kein Geld verdienen, und das gibt ihm Freiheit, aber erzeugt in ihm auch eine gewisse Unruhe, da er nie fertig zu sein scheint. Und so kreiert er ständig Dinge, korrigiert und ergänzt sie. „Aufgrund der vielen Möglichkeiten muss ich laufend Entscheidungen treffen, und das ist gar nicht so einfach“, so Hell.
Einen Stil, anhand dessen seine Werke erkannt werden könnten, habe er nicht: „Das schränkt zu sehr ein und hemmt die Kreativität und persönliche Weiterentwicklung.“
Sich im Tun verlieren
Die kälteren Temperaturen treiben ihn in das über 100 Jahre alte Haus, das in jeder Ecke und in jedem Winkel mit seinen Kunstwerken übersät ist: an der Wand und an der Decke hängend oder übereinandergestapelt. Hier liegt sein Fokus auf der Malerei, darunter Siebdruck, Acryl, Collagen und dadaistische Gedichte. „Oft kippe ich ins Tun und merke gar nicht, wie die Stunden vergehen. Und am Ende habe ich immer ein Resultat. Etwas, das durch mich entstanden ist.“ Dabei sei es nicht einfach, immer kreativ zu sein. Auch er habe immer wieder Phasen, in denen er an nichts arbeite.
Ausstellungen hat er zwar früher vor allem in Wien gemacht, bezeichnet sich selbst aber als eher introvertierten Typ, der sich und seine Kunst nicht gerne ins Zentrum stellt. Interessierte können aber gerne seinen Skulpturengarten besuchen und mit ihm über seine Werke plaudern. Hier gibt es wenig Ablenkung, denn die Kunst steht im Vordergrund, die sich durch die Witterung stets verändert und sich mit der Natur verbindet: „Und ich kann mich nicht entscheiden, was wichtiger ist“, sagt Hell und lässt dabei seinen Blick über seinen Skulpturengarten schweifen.
Vielleicht liegt genau darin die Essenz seiner Kunst – in der Vereinigung von Mensch, Material und Zeit.



