Ein Leben im Schatten

24.08.2024 | WLZ 117 | Autorin: Stefanie Schadler

Wie war es, in der Zwischenkriegszeit als uneheliches Kind aufzuwachsen? Daniel Stögerer nahm das Schicksal seiner Urgroßmutter als Vorlage für seinen neuen Roman.

Kind ohne Heimat

Ein achtjähriges uneheliches Mädchen wächst 1926 bei seiner Ziehmutter in Wien auf. Die zunehmenden Unruhen führen dazu, dass sie zu Bauersleuten in die Bucklige Welt kommt. Die leibliche Mutter besucht das Mädchen immer wieder. Verspricht ihm, dass sie es, sobald es 14 Jahre alt sei, zu sich nach St. Wolfgang holen werde. Es passiert nie.

Das Schicksal seiner Urgroßmutter ist Vorlage des Romans von Daniel Stögerer „Luzia – Kindheit zwischen zwei Kriegen“, der zugleich Einblicke in das Leben während der Zwischenkriegszeit gibt. Der in Festenburg lebende Autor hat seine Urgroßmutter selbst nicht gut gekannt, da sie starb, als er acht Jahre alt war. Erst durch seine Großtante hat er vom Leben seiner Urgroßmutter erfahren. Diese besaß zahlreiche Fotos und Zeugnisse, die ihn bei der Recherche unterstützten, und stand auch in engem Kontakt mit den Zieheltern ihrer Urgroßmutter, als sich diese in der Buckligen Welt aufhielt, weshalb es dazu viele Informationen gibt. Gewisse Dinge konnte Stögerer allerdings nicht mehr in Erfahrung bringen, zum Beispiel, wer die Ziehmutter seiner Urgroßmutter in Wien war, die sie gerne behalten hätte, was aber aus unbekannten Gründen nicht möglich gewesen war. Lücken in der Biografie seiner Urgroßmutter füllte er mit künstlerischer Freiheit auf, um ein ausgewogenes Bild zu zeichnen.

Lückenhafte Vergangenheit

Zahlreiche Lücken im Lebenslauf der Urgroßmutter gibt es auch deshalb, weil uneheliche Kinder damals durch alle Register gefallen sind und in Ziehfamilien meist zum Arbeiten eingesetzt wurden. Dokumente, wohin welche Kinder kamen, existieren nicht. 

Nach dem Sagenbuch „Mondscheingemunkel“ und „So ein Mensch“ ist „Ein Schicksal zwischen zwei Kriegen“ der erste Roman von Stögerer. Während seine bisherigen Veröffentlichungen eher kurze Geschichten beinhalteteten, habe sich das Schreiben eines Romans als wesentlich komplexer erwiesen, so Stögerer. Bei den zahlreichen, miteinander verwobenen Figuren und Erzählsträngen müsse laufend darauf geachtet werden,  den roten Faden der Erzählung nicht zu verlieren. Er habe sich eineinhalb Jahre intensiv mit dem Schicksal seiner Urgroßmutter befasst und sich in diese Zeit versetzt. Zahlreiche Themen von damals seien auch heute wieder aktuell, so Stögerer.

„Luzia – Kindheit zwischen zwei Kriegen“ erscheint am 13. September im Verlag Edition Keiper und kann bereits im Buchhandel oder unter www.editionkeiper.at/shop/produkt/luzia vorbestellt werden. Zurzeit recherchiert Stögerer zu einem weiteren Projekt über eine Familiengeschichte aus dem Zweiten Weltkrieg, zu der auch zahlreiche Briefe erhalten sind. Gut möglich, dass sich daraus ein weiterer Roman ergibt, so Stögerer.