100 Jahre Trattenbach
20. September 2023 | WLZ 108 | Autorin: Stefanie Schadler
Zahlreiche Schicksalsschläge, aber auch besondere Persönlichkeiten prägen die Geschichte der Gemeinde Trattenbach.
Trattenbach um 1960.
Fotos © Historischer Verein Wechselland
Bergbau als Anfang
Die Gemeinde Trattenbach feiert am 15. Oktober ihr 100-jähriges Bestehen. Ein guter Grund, sich mit der Geschichte der Gemeinde auseinanderzusetzen und zu betrachten, welche Ereignisse und Besonderheiten sie geprägt haben.
Bereits im Jahr 1404 werden Personen am Trattenbach, wie der Oberlauf der Feistritz bezeichnet wird, genannt, informiert Dr. Andreas Salmhofer, Obmann vom historischen Verein Wechselland. Der Reichtum an Erzen, also Metallen wie vor allem Kupfer und Eisen, mancherorts auch Gold und Silber, legte letztlich den Grundstein für die weitere Erschließung des Gebietes um Trattenbach. Ab dem 16. Jahrhundert bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts prägte der Bergbau das heutige Gemeindegebiet. Am Schmelzriegel, wo einmal ein Kupferbergwerk bestand, lebte der Glaube an ein Kupfervorkommen auch in neuerer Zeit wieder auf. So eröffnete eine Ternitzer Gesellschaft im Jahr 1908 einen Freischurf, den sie einige Jahre erfolglos betrieb und schließlich infolge Erschöpfung der Mittel wieder einstellte. Bereits 1923 kaufte eine Wiener Gesellschaft den Freischurf, konnte einzelne schöne Funde für sich verbuchen, musste aber dennoch nach zwei Jahren und dem Verlust eines ansehnlichen Vermögens ebenso erfolglos wieder aufgeben.
Das Gemeindegebiet von Trattenbach gehörte vom Mittelalter bis 1805 zur Pfarre Kirchberg am Wechsel. Im Jahre 1786 wurde die Filialkirche in Trattenbach erbaut. Mit der Pfarrerhebung 1805 wurde diese Kirche selbst Pfarrkirche.
Die Erreichbarkeit Trattenbachs war anfangs nicht ideal. Zwar verlief ein Saumpfad – also ein Weg, der mit Lasten tragenden Tieren begehbar war – durch das hochgelegene Gemeindegebiet, doch der am Bach gelegene Ort war schlecht erreichbar. Erst um 1882 wurde eine Straße von Kirchberg über Otterthal nach Trattenbach gebaut. Anschließend, um das Jahr 1900, wurde über den Feistritzsattel gebaut, wodurch das Gemeindegebiet profitierte.
Seit 1970 gibt es zudem auf dem Gemeindegebiet am Feistritzsattel einen Skilift.
Persönlichkeiten und Schicksalsschläge
Eine Erfolgsgeschichte begann im Jahr 1893, als der jüdische Industrielle Isidor Mautner eine Holzschleiferei kaufte und drei Jahre später zu einer Baumwollweberei umwandelte. Es entstand eine überregional bedeutsame Fabrik, die zwischen 1892 und 1953 sowie 1959 und 1965 existierte. In Glanzzeiten beschäftigte die Weberei zwischen 150 und 200 Mitarbeitern.
Auch Ludwig Wittgenstein, einer der bedeutendsten Philosophen des 20. Jahrhunderts, war von 1920 bis 1926 Volksschullehrer in Trattenbach. Sein großes technisches Wissen stellte er bei einer defekten Dampfmaschine in Trattenbach beeindruckend unter Beweis: Nachdem alle Reparaturversuche der Ingenieure fehlgeschlagen waren, ließ Wittgenstein vier um die Maschine aufgestellte Arbeiter abwechselnd mit einem Hammer auf bestimmte Stellen schlagen. Zum Erstaunen aller führte diese Methode zum Erfolg. Heute erinnert eine Dauerausstellung in Trattenbach an sein Leben und Werk.
Schicksalhaft war der Zweite Weltkrieg, da Trattenbach unter russischer Besatzung stand und als Kampflinie zwischen Niederösterreich und der Steiermark besonders stark umkämpft war. Einige Jahre nach dem Krieg im Jahr 1954 kam es in Trattenbach und im gesamten Feistritztal zu einem schweren Unwetter. Dabei wurden zahlreiche Brücken in der Gemeinde weggerissen – nur zwei von ihnen blieben übrig – und die Straße war unpassierbar. Auch drei Häuser wurden weggerissen.
Trotz all dieser zahlreichen Schicksalsschläge habe sich Trattenbach laut Bürgermeister Johannes Hennerfeind zum Positiven entwickelt. Die knapp über 500 Einwohner profitieren von einem Nahversorger, es gibt einen Kindergarten und eine Volksschule in der Gemeinde. Froh sei Hennerfeind auch über die Feuerwehr, die durch die Gründung 1986 zur jüngsten Feuerwehr zählt, dabei aber bereits den Titel Landessieger dreimal erkämpft hat – heuer sogar mit einem Landesrekord. Generell halte das rege Vereinsleben das Dorfleben zusammen, und er wünscht der Gemeinde auch für die nächsten 100 Jahre, dass sie so lebendig und lebenswert bleibe. ❏