Hinter persönliche Schicksale blicken

3. November 2023 | WLZ 109 | Autorin: Stefanie Schadler

Einzelschicksale, die wir vermutlich alle in unserem persönlichen Umfeld am Rande schon einmal miterlebt haben, sollen in fünf Erzählungen zum Nachdenken anregen.

Schwierige Verhältnisse

Nach seinem Erstlingswerk, dem Sagenbuch „Mondscheingemunkel“, hat Daniel Stögerer mit „So ein Mensch“ kürzlich einen Erzählband herausgegeben. Der aus Friedberg stammende und in Festenburg lebende Schriftsteller taucht dabei in die Lebenswelt von fünf Menschen ein, deren Geschichten von der Realität inspiriert sind. Die Idee dahinter ist, Themen aufzugreifen, die man auch persönlich aus seinem Umfeld kennt, mit dem Unterschied, durch die Erzählungen weiter in die Tiefe zu gehen und damit neue Perspektiven zu erhalten und vielleicht auch den einzelnen Menschen Verständnis entgegenzubringen. Die Schicksale beschreibt Stögerer wie folgt: Sophie versucht ihre Schwester aus dem Rosenkrieg der Eltern herauszuhalten. Petra hält nur noch ihr mageres Putzfrauengehalt von der Scheidung ab. Jonathan trennt sich von seiner ersten großen Liebe, während die Alkoholsucht Gustav langsam um seinen Job am Bau bringt. Und dann wäre da noch Aurelia, die nach ihrem Schlaganfall von der Erinnerung an den Krieg eingeholt wird. Es scheinen schier unerträgliche Situationen, über die Stögerer schreibt: Scheidungskinder, das Zusammenleben von Jung und Alt, Trunksucht und zu frühe Schwangerschaft. 

Verständnis entwickeln

Das Besondere sind die Perspektivenwechsel in den Erzählungen. Während man zu Beginn den Blickwinkel von einer Person kennenlernt und beginnt, mit ihr zu sympathisieren, erkennt man durch die Sicht des anderen Parts im Anschluss, dass die Geschichte nicht nur schwarz-weiß ist, wie es anfangs schien. Anstelle von Schuldzuweisungen soll dadurch ein Verständnis dafür entstehen, wieso etwas so ist. Es seien die typischen Missverständnisse, die entstünden, wenn die Menschen nicht mehr miteinander reden würden, so Stögerer. Die meisten Geschichten haben zudem ein offenes Ende, das die Leser zum Nachdenken anregen soll. 

Als Krankenpfleger in einer Unfallambulanz hat er naturgemäß auch einen massiven Austausch mit Menschen, was nicht immer einfach sei. „Da ist es furchtbar angenehm, wenn man zwei Tage frei hat, sich in der Stille an den Schreibtisch setzt und in Ruhe über die Dinge nachdenkt, wofür am Tag keine Zeit bleibt“, so Herr Stögerer, der das Schreiben als Ausgleich zu seiner Arbeit nutzt.

Auch sein nächstes Projekt, sein erster Roman, ist bereits zur Hälfte fertig. Inhaltlich will er sich allerdings noch nicht in die Seiten schauen lassen. ❏