Kälte fürs Immunsystem

28. Februar 2024 | WLZ 112 | Autorin: Stefanie Schadler

Es erscheint irrwitzig, dass einem Kälte dabei helfen soll, seine Gesundheit zu stärken, wenn sie sich doch so unangenehm anfühlt. Aber genau das bewirkt Eisbaden, wenn man es richtig macht.

Eisbaden in der Gruppe und unter Anleitung ist vor allem als Anfänger wichtig.

Fotos © Krista Gilda Kerner

Von Gesundheit und Mentaltraining

Das Eisbaden, dessen Ursprung auf das 19. Jahrhundert zurückgeht, erfährt zurzeit einen Boom: Sebastian Kneipp hat damals bereits die Heilkräfte der Kälte erkannt. Der Niederländer Wim Hof machte das Thema durch das Eisbaden erneut aktuell: Mithilfe von Atemtechnik und Abhärtung beweist er, was alles möglich ist. Mittlerweile gibt es zu diesem Thema zahlreiche Studien und eine fundierte Forschungslage. Auch Wim Hof hat an zahlreichen Studien teilgenommen und auch selbst welche initiiert. Heute gibt es ein globales Netzwerk an Wim-Hof-Instruktoren, die Einsteigern dabei helfen, sich an die Kälte zu gewöhnen. Eine davon ist Krista Gilda Kerner aus Maierhof bei der Hohen Wand.

Es sei wissenschaftlich nachgewiesen, dass Kälte viele positive Effekte auf den Körper habe. So bewirke sie die Ausschüttung von Glückshormonen und rege das Immunsystem an, dabei vor allem das kardiovaskuläre System. Die Thermoregulation werde verbessert, es helfe gegen Depression und das Aushalten der Kälte bewirke zusätzlich eine Art Mentaltraining, denn so Kerner: „Die Kälte ist der ultimative Stressor. Für unser System bedeutet Kälte Gefahr, sie tut weh und kann im schlimmsten Fall tödlich sein. Durch das Eisbaden lernt man, auch in anderen Stresssituationen ruhig und fokussiert zu bleiben.“ In beiden Fällen, sowohl beim Eisbaden als auch in den anderen Stresssituationen, sei die Atmung entscheidend, da durch diese das Nervensystem reguliert werde. Eisbaden sei gesundheitsfördernd, wenn man es richtig mache. 

Einstieg in die Kälte

Kerner orientiert sich mit ihren Kältebädern am Rhythmus der Natur, das heißt, im Sommer sind ihre Bäder wärmer und im Winter dementsprechend kälter. Das sei nicht nur im Einklang mit der Natur, sondern spare auch Energie, da man keine Eiswürfel zum Herunterregeln des Wassers brauche. Bereits ab 14 Grad und einer Badedauer von vier Minuten werden gute Erfolge erzielt und das Immunsystem angekurbelt, so Kerner. Von Eisbaden spreche man erst bei einer Temperatur unter vier Grad. Auch die Kneipp-Methode, bei der man zwischen Wärme und Kälte abwechselt, bewirke ein gutes Training der Blutgefäße: Diese verengten sich bei Kälte, wodurch das gesamte Blut zur Körpermitte gelange. Bei Hitze öffneten sich die Blutgefäße und das Blut könne wieder vollständig durch die Muskeln fließen und in die Organe gepumpt werden.

Für Anfänger empfiehlt Kerner einen Workshop, bei dem die Atemübungen erlernt werden. „Werden die Leute durch die Wim Hof-Atmung geführt, kann man tiefer gehen und lernt neue Aspekte kennen“, so Kerner. Der Kopf sollte beziehungsweise muss nicht unter Wasser, außer man habe den Impuls, mit dem Kopf einzutauchen, und sei vorher sehr entspannt. 

Wer unter kalten Händen und Füßen leide, könne auch nur diese für ein paar Minuten ins kalte Wasser tauchen, bis sie in der Kälte aufwachten. Laut Kerner sei das ein gutes Training gegen kalte Extremitäten. 

Zwischen Freude und Überwindung

Das Reingehen ins kalte Wasser sei laut Kerner sehr individuell und von der Tagesverfassung abhängig. „Manchmal freue ich mich darauf, manchmal ist es aber auch eine Überwindung. Was es aber immer ist: eine bewusste Entscheidung.“ Beim Reingehen entstehe eine tiefe Ruhe und Stille im Kopf, der Fokus liege ganz bei ihr selbst. Alle Erledigungen, die am Tag noch gemacht werden müssten, seien quasi nicht vorhanden. 

Gerade Anfänger hätten Probleme, diesen Fokus zu finden, da sie zu stark mit den Körperreaktionen zu tun hätten. 30 Sekunden brauche der Körper, um sich an die Kälte anzupassen. Erst danach werde es angenehm und man könne damit beginnen, sich in die Kälte hineinzuentspannen. 

Beim Rausgehen erlebe man dann einen Kick, da Glückshormone ausgeschüttet würden. Es breite sich ein angenehm warmes Gefühl aus, die Haut werde rot und diese Wärmeausbreitung fühle sich unglaublich gut an, so Kerner. Dabei sei es wichtig, dass man darauf vertraue, dass sich der Körper von alleine wieder aufwärme. Man sollte auf jeden Fall eine halbe Stunde warten, bis man sich heiß abduscht oder in eine Sauna geht, da sich ansonsten das kalte Blut zu schnell mit dem warmen Blut vermische und die Temperatur im Körperkern zu rasch sinke. Dadurch könnte eine Hypothermie entstehen, die Körpertemperatur also abnorm niedrig sinken.

Langsam herantasten

Wichtig: Bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen sollte ein Kältebad unbedingt mit einem Arzt abgesprochen werden. Generell sollte ein Eisbad nicht alleine durchgeführt werden, da immer etwas Unerwartetes passieren könne, so Kerner. Das Kältebad in einer Wanne mit kaltem Wasser und Eiswürfel sei dabei sicherer, als sich in Naturgewässer wie Seen oder Bäche zu setzen, da man hierbei geübt sein sollte. Gerade das Eisbaden im Winter, verbunden mit der nachfolgenden Aufwärmung und dem Autofahren, sollte geübt sein. 

Generell empfehle sich ein Einstieg in das Eisbaden im Herbst; wer allerdings generell Probleme mit der Kälte habe, könne auch bereits im Sommer anfangen oder sich kalt abduschen und den Prozess langsam aufbauen. „Zuerst nur ein paar Sekunden und dann immer länger, bis man entspannt in der kalten Dusche stehen kann. Erst danach sollte man kältere Gewässer aufsuchen“, so Kerner. 

Wer erlebt habe, dass er nach einer kalten Dusche verkühlt gewesen sei, dem erklärt Kerner: „Man wird nicht nur von Kälte krank. Die Kälte ist ein Stressfaktor und wenn im Körper bereits eine Schwäche vorhanden ist, dann kann der Stress durch die Kälte dazu beitragen, dass Viren und Bakterien durchgreifen. Aber wenn man die Kälte gut und langsam aufbaut und man mit der inneren Wärmequelle in Verbindung ist, kann das Immunsystem sehr gut gestärkt werden.“ Dabei genüge es, einmal in der Woche ein Eis-/Kältebad zu nehmen. Der Effekt halte eine Woche an.